„Wenn wir verstehen, wie ein Mensch leben muss, um 120 Jahre alt zu werden, verstehen wir auch, wie wir Krankheiten besiegen können", sagt Professor Luca Deiana, Biologie-Professor an der Universität in Sassari. Nirgendwo auf der Welt leben so viele Hundertjährige, wie auf der italienischen Insel Sardinien.
Doch warum werden die Leute auf der Sonneninsel so alt? Was machen sie anders? Liegt es am Wetter, am Meer, an der Ernährung oder gar der Lebenseinstellung?
Die sardische Langlebigkeit hat inzwischen die Aufmerksamkeit der Wissenschaft auf sich gezogen: Etliche Forschungsprogramme, insbesondere in der Genetik, versuchen das Geheimnis zu lüften. Die Forscher haben aber bis jetzt kein sardisches "Langlebigkeits-Gen" erfunden. Sie sind der Meinung, dass nicht die Gene, sondern der einfache Lebensstil Körper und Geist vieler Sarden bis ins hohe Alter fit hält.
Tägliche, körperliche Aktivität
Die Hundertjährigen auf Sardinien waren ihr Leben lang viel in Bewegung und sind es auch heute noch. Sie waren traditionell vor allem Schafhirten. Allerdings sind sie weder Marathonläufer noch Extremsportler. Stattdessen besteht ihr Alltag aus moderater Bewegung in Form von langen Fusswegen und körperlicher Arbeit. Sie werkeln auf ihren Grundstücken, pflegen ihre Gärten, kümmern sich ums Vieh und gehen weite Strecken zum Einkaufen. Vor allem die langen Wege sind eine gemeinsame Gewohnheit der Hundertjährigen.
Diese Art von Bewegung gibt es heute in westlichen Ländern kaum noch. Unser Alltag ist bequem geworden. Um uns an einem gewöhnlichen Tag dennoch mehr zu bewegen, bleibt uns nichts übrig, als auf manche Bequemlichkeit zu verzichten und bewusst Bewegung in unsere täglichen Routinen einzubauen.
Wie sieht euer Alltag normalerweise aus? Steckt ihr morgens mit dem Auto im Stau, um anschliessend 8 Stunden vor dem PC zu sitzen und abends faul auf der Couch zu chillen? Nicht gerade gesund! Jeden Tag ein kleines Workout einbauen, um fit zu bleiben ist allerdings auch nicht immer einfach. Vielleicht gerade beim Arbeitsplatz? Eine kurze Bewegungspause? Viele Firmen bieten das bereits an. In der Ära der Digitalisierung brauchen wir solche aktive Pausen. Es ist kein Geheimnis, dass Sport nicht nur eurem Körper, sondern auch eurer Seele richtig guttut!
Frische Luft und Sonne
Das wichtigste Gut, wenn es um unsere Gesundheit geht, ist frische Luft. Nichts fühlt sich so gut an, als endlich mal wieder aus der überfüllten Stadt zu flüchten und in den Bergen, am Meer oder im Wald so richtig tief durchzuatmen. Wenn das nicht möglich ist? Dann sollten wir einfach während der Arbeitszeit kurz spazieren gehen. Das Büro für 15 Minuten verlassen und unserem Körper eine Brise in der Natur gönnen.
Ausgewogene Ernährung
Sehr alte, gesunde Menschen sind fast immer schlank, denn ein geringes Körpergewicht senkt die Risiken für zahlreiche Erkrankungen. Keiner der Hundertjährigen war jemals dick oder hat jemals eine Diät gemacht. Ihnen geht es nicht darum, die täglichen Sünden durch gesunde Lebensmittel irgendwie auszugleichen. Sie essen einfach immer gesund, aus Gewohnheit.
Die Sarden leben einfach, ihre Küche ist streng an die Traditionen gebunden und gilt als ausgesprochen gesund. Gemüse wie Tomaten, Paprika, Zucchini, kleine Artischocken, Pilze und Auberginen werden reichlich in der Küche verwendet. Seit Jahrhunderten wird an den Küsten Sardiniens Salz gewonnen, die Insel ist ausserdem reich an würzigen Kräutern. Das alltägliche Essen der Sarden besteht meist aus schlichten Eintöpfen, die kräftig mit den heimischen Kräutern gewürzt sind. Unverzichtbar ist das sardische Olivenöl, das von hervorragender Qualität ist und die Ursprünglichkeit der Küche unterstreicht. Im weiten Landesinneren prägen Schwein, Schaf, Wild, Brot, Milchprodukte, Honig, Wurstwaren und Gemüse das Gesicht der Küche. Die meisten Hundertjährigen trinken täglich auch etwas Alkohol, überwiegend Rotwein. Ein bis zwei Gläser am Tag gelten als gesund. Vor allem Rotwein besitzt offenbar eine Schutzfunktion gegen Herzerkrankungen.
Uns ist auch bekannt, dass die Ernährung einen grossen Einfluss auf die Gesundheit und auf unser Wohlbefinden hat. „Du bist, was du isst!“. Trotzdem essen wir schnell, ungesund und unregelmässig. Stress beeinflusst unser Essverhalten, deswegen sollten wir uns vielleicht ab und zu wieder solchen Themen zuwenden und einen Ernährungsberatungskurs oder Kochkurse für gesundes Essen besuchen. Es gibt sogar Firmen, die solche Programme am Arbeitsplatz anbieten. Die Kurse haben eine Entspannungsfunktion und sensibilisieren die Leute für ein insgesamt gesundes Leben.
Pausen machen
In der westlichen Welt zählen Schnelligkeit, Fleiss, Ziele und Produktivität. Einfach nichts zu tun wird nicht wertgeschätzt. Solcher Stress geht an unserem Körper jedoch nicht spurlos vorbei. Er reagiert mit kleinsten Entzündungen, durch die sich der Körper gegen uns wendet. So werden typische Alterskrankheiten begünstigt.
Hundertjährige sind gelassene Menschen. Sie nehmen sich Zeit für die Kleinigkeiten des Lebens. In Sardinien gehen die Menschen am späten Nachmittag auf die Strassen, um mit Freunden zu schwatzen. In Costa Rica wird die Arbeit am Nachmittag pausiert, um sich mit Menschen zu treffen. In Japan versammeln sich die Alten jeden Tag vor dem Abendessen. In anderen Kulturen ist ein ganzer Tag in der Woche stressfrei: Es wird nichts geplant, sondern nur Zeit in der Familie verbracht.
Stabiles Familien- und Gefühlsleben
Die meisten Hundertjährigen legen grossen Wert auf Familie. Sie verwenden viel Zeit für familiäre Verpflichtungen und gemeinsame Rituale. Ein entscheidendes Detail ist, dass auch die Kinder der Hundertjährigen keinen stressigen westlichen Lifestyle leben, sondern viel Zeit für die Familie aufbringen und ähnliche Gewohnheiten pflegen. Die Leute auf Sardinien sind sehr sozial und lebensfroh. Die Forschung sagt, dass diese Eingebundenheit das allgemeine Wohlbefinden steigt und die Gesundheit verbessert.